Bauvorhaben in Dorf-, Kern- und Altstadtzonen
Ortsbildschutz im Allgemeinen
Mit dem Begriff Ortsbild wird die visuelle Erscheinung und räumliche Wahrnehmung eines Orts angesprochen. Wie Menschen einen Ort wahrnehmen oder wie die Gestalt eines Orts wirkt, hat unmittelbar Auswirkungen auf ihre Beziehung dazu. Das Ortsbild beeinflusst die Bewegungsmuster und entscheidet über die Verweildauer im Raum. Ein stimmiges Ortsbild schafft eine gute Orientierung, begünstigt das Wohlbefinden und die Identifikation der Bevölkerung mit dem Ort. Das Bestreben, wichtige historische Zeugnisse und damit die bedeutenden Elemente und Substanz des Orts- oder Quartierbilds auch für kommende Generationen zu erhalten, ist nicht zuletzt auch Ausdruck des Grundbedürfnisses des Menschen nach Erinnerung. Darüber hinaus erbringen Ortsbilder – insbesondere deren engeren, historischen Bereiche – noch weitere wichtige gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Leistungen. Sie stärken beispielsweise die Standortattraktivität, tragen zu hochwertigen Freiräumen bei und können einen positiven Einfluss auf die Biodiversität haben (vgl. Fachbericht Ortsbildschutz des Bundesamts für Kultur). Diese auch volkswirtschaftlich relevanten Leistungen werden dabei von einem Gebäudebestand erbracht, der lediglich 12 % des totalen Gebäudebestands umfasst. Entsprechend umsichtig ist mit dieser Ressource umzugehen.
Ortsbildschutz in der Gemeinde Zurzach
Oft machte die Gemeinde Zurzach die Erfahrung, dass der Begriff «Ortsbildschutz» (auf kommunaler, kantonaler und Bundesebene) zu Unmut bei der Bauherrschaft auslösen kann.
Dorfzonen und insbesondere die Kernzone Bad Zurzach und Altstadtzone Kaiserstuhl sind historische Werte und bilden den zentralen Kern, welcher mit seinem Ortsbild die Authentizität der verschiedenen Ortsteile definiert und die Gemeinde Zurzach mit ihren Ortsteilen zu dem macht, wo man sich wohlfühlen, wohnen und leben möchte. Ortsbildschutz heisst nicht, dass heutigen Anforderungen nicht gerecht werden kann oder moderne Architektur keinen Platz findet. Es stellt sich dabei viel mehr die Frage des Kontexts und der Harmonisierung. Ebenfalls kann bauen in den genannten Zonen Vorteile durch Abweichungen zu den üblichen Baurechtsgrundlagen generieren, wobei auf den betroffenen Parzellen meist mehr Ausnutzung innerhalb der Fläche und Volumen entsteht. Dies betrifft im Bestandsbau insbesondere unterschrittene Grenz- und Strassenabstände wie auch die Kubatur. Natürlich sind wirtschaftliche Vorteile nicht nur oder immer der Fall, vielmehr ist es zudem der historische Wert sowie die Mitgestaltung des Ortsbilds, welche zum Mehrwert führt. Ebenfalls handelt es sich um alte Bauten, welche über die Jahrhunderte und Jahrzehnte mit ihrer langfristigen Nutzung einen Beitrag zur übergreifenden langfristigen Wirtschaftlichkeit und ökologischen Aspekte führen. Bei kantonal geschützten Objekten können zudem Förderbeiträge durch die kantonale Denkmalpflege beantragt werden. Die meisten dieser Vorteile kommen in keinen anderen Zonen vor. Gestalterische Ortsbildanforderungen fördern eine durchdachte sowie eingepasste architektonische Lösung, welche die Bauart deren Geschichte und Umgebung aufnimmt, welche ihr Projekt vom «Standartbau» in anderen Bauzonen unterscheidet und ihr Objekt zusammen mit der historischen Bausubstanz «einzigartig» wertvoll macht.
Erhalt von Bausubstanz
Der Erhalt der historischen Bauten und ihrer Bausubstanz bildet ein generationenübergreifendes Interesse. Auch ihren Urenkel und deren Nachwelt sollte dies nicht genommen werden. Altstadtwohnungen, mit z. B. sichtbaren Balken- oder Sparrenlage aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, können nicht nachgestellt werden und sind daher entsprechend langfristig gefragt und zu sichern. Wenn man sich dessen bewusst ist und sich auf die zur Verfügung gestellten fachliche Beratung und resultierende gestalterische Vorgaben einlässt, entsteht erfahrungsgemäss ein hochwertiges Projekt zur Zufriedenheit aller Akteuren. Somit entsteht ein sorgfältig durchdachter einzigartiger Umbau, mit Wohnraumeinteilung, Farbgebung, Materialisierung, Form und Gestaltung wie kein Zweites und generiert einen historischen Wert für die Ortsbildentwicklung. Verlorene historische Bausubstanz und verlorene Ortsbildelemente aus der spätmittelalterlichen Bauzeit erlangt man nicht wieder. Entsprechend ist Vorsicht geboten – Häuser und Bauteile erzählen Geschichte.
Falsche Reverenzen - Präjudiz
Gestalterische Auflagen sind schon oft auf Unverständnis gestossen, da Liegenschaften in ihrer Umgebung von diesen Auflagen abweichen. Einerseits werden Auflagen objektspezifisch auf das Gebäude und deren Geschichte abgestimmt und durch Fachberatung der kantonalen Denkmalpflege ausgearbeitet und andererseits gibt es leider auch viele Eingriffe, welche ohne Baubewilligung oder Einhaltung deren Auflagen getätigt wurden. Bauen ohne Baubewilligungen, unerlaubter Eingriff in historische Bausubstanz sowie unbewilligter Rückbau oder die Abweichung von der Baubewilligung führen zu einem Strafverfahren. Nicht in jedem Fall kann dabei die Errichtung des ursprünglichen Zustandes gefordert resp. wieder erlangt werden. Diese Objekte dienen nicht zur Orientierung weiterer Bauvorhaben oder als Recht für andere so zu bauen. Es wird sich nicht nach unten orientiert. Die Abteilung Bau, Planung und Umwelt Zurzach beschäftigt sich in Zusammenarbeit mit der Abteilung Baubewilligungen, deren Ortsbildexperten und der kantonalen Denkmalpflege intensiv und laufend mit den Möglichkeiten von neuzeitlichen Bauteilen im Kontext, mit dem Erhalt, den gestalterischen «Muss», sowie mit der Entwicklung des Ortsbildes im Hinblick auf heutige Bedürfnisse, dem IST-Zustand (inkl. bereits verlorener Bausubstanz), bereits vorgenommenen Renovierungen und Änderungen, aktuellen Bauprojekten und der strategischen Ortbildentwicklung, Raumplanung sowie Wohn- und Freizeitattraktivität unter Berücksichtigung von Wohnklima, Energiestrategien und Klimathemen.
Kommunaler Ortsbildschutz
In den genannten Zonen sind aufgrund der Prüfung von gestalterischen Anforderungen im Ortsbild sämtliche Bauvorhaben bewilligungspflichtig.
Hierbei wird nach Prüfung des angegebenen Bauvorhabens zwischen Bewilligungspflicht und Baubewilligungspflicht unterschieden. Bauvorhaben, welche unabhängig der gesetzlichen Ortsbildanforderungen als baubewilligungsfrei eingestuft werden können, erhalten nach Prüfung (Farb- und Materialkonzept) einen kostenlosen Baurechtsentscheid ohne Durchführung eines Baubewilligungsverfahren – Für einen positiven Entscheid, müssen hierbei die gestalterischen Vorgaben eingehalten werden. Die Errichtung von baubewilligungsfreien Bauten und Anlagen entbindet nicht von der Einhaltung aller übrigen Vorschriften (§ 49 Abs. 4 BauV).
Die Abteilung Bau, Planung und Umwelt befindet sich derzeit in der Erarbeitung eines Leitfadens der gestalterischen Grundsätze für die Erleichterung für Planner/innen und Bauherrschaft sowie für die langfristige Sicherstellung der Gestaltung über den operativen Bereich.
Umgebungsschutz von kantonal geschützten Objekten
Bei Objekten, welche sich im Umgebungsschutzperimeter von kantonal geschützten Bauten und Bauteile befinden, ist nach § 32 KG die kantonale Denkmalpflege beratend beizuziehen. Allfällige Vorgaben von der kantonalen Denkmalpflege werden durch die Gemeinde eingeholt und in Zusammenarbeit entsprechend verfügt.
Kantonale Denkmalpflege
Bei Objekten und Bauteilen, welche unter kantonalem Schutz stehen, obliegt die Beurteilung der kantonalen Denkmalpflege. Das Verfahren und der Vollzug laufen immer über die Gemeinde ab. Bei sämtlichen Objekten mit kantonalem Schutzstatus hat die Detailgestaltung auch nach Erhalt einer Baubewilligung während des Bauprozesses in enger Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege zur erfolgen. Allfällige Förderbeiträge sind direkt über die kantonale Denkmalpflege zu beantragen.
Setzen Sie sich bei jedem Bauvorhaben inkl. Unterhaltsarbeiten in den genannten Zonen mit der Abteilung Baubewilligungen Zurzach über diese Homepage frühzeitig in Verbindung. Sie werden danach über die notwendige Verfahrensart informiert und mit Hilfsmittel und gestalterische Grundsätze für die Ausarbeitung Ihres Projekts bedient. Werden die fachliche Beurteilung und gestalterischen Vorgaben in ihr Projekt eingebunden, steht einem reibungslosen Gesuchs- und Bauverfahren aus Sicht Ortsbildschutz nichts im Wege. Die Gemeinde schätzt und begrüsst spannende und aufwertende Projekte im Ortsbild.
Hilfsmittel
- Vollzugshilfe für Solaranlagen in Dorfzone
- Broschüre Ortsbild und Baukultur
- Empfehlung zur Farb- und Materialwahl
- Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) vom 22. Juni 1979 (SR 700)
- Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) vom 1. Juli 1966 (SR 451)
- Verordnung über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS) vom 13. November 2019 (SR 451.12)
- Kulturgesetz (KG) vom 31. März 2009 (SAR 495.200)
- Verordnung zum Kulturgesetz (VKG) vom 4. November 2009 (SAR 495.211)
- Ortsbilder im AGIS-Geoportal: Onlinekarten Kanton Aargau
- Bundesamt für Kultur: ISOS-Geoportal
Zugehörige Objekte
Name | Telefon | Kontakt |
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Baubewilligungen | +41 56 269 71 45 | baubewilligungen@zurzach.ch |